Der Amerikaner Geoff Garver und seine Schwestern unternahmen im Juni 2023 die Radtour ihres Lebens. Sie fuhren die epische und mutige 400 km lange Radreise ihrer Mutter im Mai 1945 von Potsdam in Ostdeutschland an die nordwestdeutsche Küste nach, um vor der herannahenden russischen Armee zu fliehen.
Hier erzählt uns Geoff alles über ihre sehr lange, emotionale und unvergessliche Sommerfahrt…
Ich war schon immer fasziniert von der langen, beschwerlichen und gefährlichen Radreise, die meine Mutter in der Spätphase des Zweiten Weltkriegs unternahm. Nachdem sie im Mai 1945 zunächst aus ihrer Heimatstadt Potsdam bei Berlin geflohen war, floh sie mit einer einheimischen Frau und deren 16-jährigen Tochter aus einem Luftschutzbunker im nahe gelegenen Brandenburg, um der potentiellen Gewalt durch schnell herannahende russische Soldaten zu entgehen.
Und es war wirklich gerade noch rechtzeitig – die Russen erreichten ihren Unterschlupf nur eine halbe Stunde nach ihrer Abreise! Sie beschlossen, so weit weg wie möglich zu reisen, nach Schleswig-Holstein in den sichereren, etwa 400 km entfernten nördlichsten Zipfel Deutschlands, mit dem einzigen Transportmittel, das ihnen zur Verfügung stand – dem Fahrrad.
Als meine Schwestern und ich aufwuchsen, erzählte uns unsere verstorbene Mutter Anneliese immer wieder von dieser Fahrradflucht. Und vor etwa 10 Jahren las sie mir Auszüge aus ihrem Tagebuch darüber vor, also machte ich eine Karte ihrer Reise und markierte die wichtigsten Städte auf dem Weg.
Aber erst 2022, als ich mich entschied, im Juni 2023 zu einer Konferenz nach Potsdam zu fahren, machte ich mich ernsthaft daran, ihre Reise nachzuzeichnen und zu einem gewissen Grad zu erleben, wie diese Einweg-Radtour gewesen sein muss. Zwischen dem 19. und 24. Juni haben meine Schwestern Julia, Mimi und ich und zwei weitere enge Freundinnen genau das getan!
Wir haben sehr viel Zeit in die Planung gesteckt – welche Route würden wir einschlagen? Wo würden wir die Nächte verbringen? Und wie viele Kilometer würden wir jeden Tag radeln – vor allem wenn man bedenkt, dass wir zwischen 62 und 70 Jahre alt sind? Letztendlich entschieden wir uns, der Route unserer Mutter von Brandenburg nach Lübeck zu folgen, von dort allerdings direkt nach Hamburg zu fahren, anstatt ihre Fahrt nach Loose fortzusetzen, der kleinen Stadt nahe der dänischen Grenze, in der sie am Ende gelandet war.
Eine weitere Herausforderung war es, Fahrräder zu finden. Der Transport unserer eigenen Fahrräder wäre viel zu teuer und logistisch schwierig gewesen. Und wir konnten nicht einfach die typischen Touristen-Fahrradverleihe fragen, ob wir ihre Fahrräder auf eine lange Einwegreise mitnehmen dürfen.
Bei einer Online-Suche fand ich schließlich ListNRide – den perfekten Partner, um Fahrräder für unsere Einwegreise zu leihen. Ich konnte herausfinden, welche geeigneten Trekkingräder zum Ausleihen in Berlin und zur Rückgabe in Hamburg zur Verfügung standen. Diese tollen Fahrräder waren komplett ausgestattet mit Helmen, Beleuchtung, Reparatursets und zwei 20-Liter-Packtaschen pro Fahrrad, in denen die gesamte Kleidung und Ausrüstung transportiert wurden, die wir für unsere Tour benötigten.
Als wir am 19. Juni in Berlin ankamen, besichtigten Julia und ich zunächst ein paar tolle Sehenswürdigkeiten, bevor wir uns mit Mimi trafen, und dann war es schon an der Zeit, unsere Fahrräder beim Fahrradladen-Partner von ListNRide, der Fahrradstation Berlin in der Dorotheenstraße, abzuholen. Die ganze Sache verlief super reibungslos und die Angestellten waren so hilfsbereit, unsere Räder einzurichten und fahrbereit zu machen. Bald hatten wir alles zusammengepackt und waren startklar!
Nach all der Planung war es ein wunderbares Gefühl, unterwegs zu sein und endlich die Reise zu anzutreten. Und gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass unsere Mutter uns auf der Fahrt begleitete und in mir und meinen Schwestern weiterlebte. Wir haben viel darüber nachgedacht, was sie ertragen musste und wie sie gezwungen war, diese unerwartete Radtour in einer Zeit großen Leids und unter schrecklichen Bedingungen zu machen.
Der Kontrast der beiden Reisen war stark, vor allem wenn ich an die modernen Fahrräder denke, die wir für unsere Reise benutzten, sowie an die Übernachtungen in schönen Hotels und das Essen auf dem Weg! Sie hatte nur ihr einfaches Fahrrad und einen kleinen Koffer und trat die meiste Zeit halb verhungert in die Pedale. Ihr einziger Vorteil gegenüber uns war ihre Jugend – sie war damals 23 Jahre alt. Es gab ein wirklich heilendes Element für uns, als wir ihre Reise nachfuhren – in gewisser Weise versuchten wir, das generationenübergreifende Trauma ihrer Erfahrung zu heilen.
Nach der relativ kurzen Fahrt von Berlin nach Potsdam besuchten wir die Orte, an denen unsere Mutter aufgewachsen ist, wie die Friedenskirche, in der sie getauft wurde, auf dem Gelände des herrlichen Schloss Sanssouci – ein wunderschöner Park, in dem sie auch als Mädchen viel Zeit verbrachte.
Eine der größten Überraschungen erlebten wir in Rathenow, wo wir unseren zweiten Tag beendeten. Aus heiterem Himmel schrieb mir meine Cousine zweiten Grades mütterlicherseits, Kathi, während des Abendessens eine Nachricht – sie hatte meine Online-Posts über unsere große Fahrt gesehen, und es stellte sich heraus, dass sie in Rathenow lebt! Und plötzlich standen Kathi und ihre Mutter Ingrid bei uns im Restaurant. Es war ein absolut tolles Treffen, das ohne die Entscheidung für unsere Radtour nie stattgefunden hätte.
Unsere anspruchsvollste Fahrt war von Rathenow nach Perleberg. Es war nicht nur einer unserer längsten Fahrtage mit über 80 km, wir mussten auch die meiste Zeit des Tages bei stetigem Gegenwind fahren. Obwohl das Gelände von Berlin nach Hamburg ziemlich flach ist und es keine langen steilen Anstiege gibt, war dieser Tag mit seinem ständigen Gegenwind besonders hart. In diesem Teil Deutschlands blasen die Winde von West nach Ost, und wir fuhren von Ost nach West, so dass wir wahrscheinlich Glück hatten, nicht noch mehr Gegenwind gehabt zu haben.
Die deutsche Landschaft ist absolut eine der besten und magischsten Umgebungen zum Radfahren, und die gut gepflegten Radwege und außergewöhnlichen Unterkünfte für Radfahrer machten das Radfahren zu einem Vergnügen. Wir erlebten die Freuden, durch die schönen Wälder und Felder Deutschlands zu radeln, entlang malerischer Seen und Flüsse, genossen den markanten Duft der Linden, aßen wunderbaren deutschen Kuchen und köstliche lokale und saisonale Speisen wie frisches Obst, Fisch und Spargel. Eigentlich haben wir fast jeden Tag Spargel gegessen und wir haben immer noch nicht genug davon!
Die Cube-Trekkingräder, die wir über ListNRide geliehen hatten, waren ideal. Wir fanden es super, dass ListNRide uns durch seine Partnerschaft mit Fahrradgeschäften mit hervorragenden Fahrrädern ausstatten konnte, die für unsere lange Reise gut geeignet waren. Obwohl wir unterwegs einige kleine Anpassungen vornehmen mussten, wie z. B. das Einstellen der Gangschaltung, das Reparieren einer verrutschten Kettenschaltung und andere kleinere Dinge sowie ein paar kleinere Stürze, waren die Räder komfortabel und funktionierten wirklich gut.
So sehr wir auch diese „Radtour unseres Lebens“ genossen, so sehr dachten wir die ganze Zeit an unsere Mutter und daran, wie sie das Gleiche einst unter ganz anderen Umständen getan hatte.
Zu dieser Zeit befand sich Deutschland im Chaos, und in den ersten Tagen, bis sie die von den Briten und Amerikanern kontrollierte Zone erreichte, hatte sie große Angst, dass die russische Armee näher rückte oder sie einhole und in die Falle locken würde. Ihr Wille, zu überleben und eine sicherere Gegend zu erreichen, spornte sie an, trotz ihrer geistigen und körperlichen Erschöpfung und ihres extremen Hungers. Sie hatte auch mit der qualvollen Entscheidung zu kämpfen, ihre Mutter und Schwester (meine Großmutter und Tante) zurücklassen zu müssen.
Wir entschieden uns, die Reise in der wunderschönen Stadt Hamburg zu beenden. Es wäre zu zeitaufwendig und zu kompliziert gewesen, nach Loose zu fahren, da wir immer noch zurück nach Hamburg hätten fahren müssen, um die Räder beim Fahrradverleih zurückzugeben. Aber ich habe definitiv das Gefühl, dass wir die Reise meiner Mutter gewürdigt haben, indem wir den größten Teil davon nachgefahren sind, und hoffentlich werde ich eines Tages zurückkehren und die letzten 110 km von Lübeck nach Loose radeln.
Die Radtour gab mir wirklich ein Gefühl der Verbundenheit mit der Geschichte meiner Familie, diese tiefere, gemeinsame Erfahrung durch den Besuch der Orte, an denen unsere Mutter aufgewachsen ist und an denen einige unserer Verwandten noch leben. Letztendlich war es eine großartige Möglichkeit, ihre negative Kriegserfahrung in eine positive, hoffnungsvolle und lebensbejahende Erfahrung für uns zu verwandeln und ihr bemerkenswertes Leben emotional zu feiern. Ich bin so froh, dass wir es getan haben.
Vielen Dank an Stefan von der Fahradsstation Berlin, Gert-Jan von ListNRide, Birger mit One Way Bike Tours und alle anderen, die dazu beigetragen haben, dass unsere Reise geklappt hat.
Ein Videotagebuch von Geoffs epischer Radreise könnt ihr euch hier auf YouTube ansehen:
https://youtu.be/VuvJUH8pcN4
Hast Du Lust, deine ganz persönliche Radreise deines Lebens zu unternehmen? Dann zögere nicht – los geht’s! Du kannst zum Beispiel eine ähnliche Route wie Geoffrey’s im Rahmen einer Einweg-Radreise von Berlin nach Kopenhagen abfahren – erfahre mehr über das Leihen von Fahrrädern für eine Radtour von A nach B.
Nachdem Du dein Startziel ausgewählt hast, erfährst Du hier, wie Du in vier einfachen Schritten dein ideales Fahrrad oder E-Bike leihen kannst.
Und vergiss nicht: alle Leihräder von ListNRide sind im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) durch die Laka-Fahrradversicherung abgedeckt, einschließlich der Deckung für E-Bikes. Außerdem gibt es eine Notfalldeckung von bis zu 200 Euro an Ausgaben. So kannst Du beruhigt deine unvergessliche Tour genießen.
